21 Mrz 23 Der Kölner Rathaussturm 2023
Liebe Freundinnen und Freunde der FRAKTION,
als vor 175 Jahren preußische Truppen aufmarschierten, um die Versammlung aufgebrachter Kölner:innen niederzuschlagen, ergriff Panik die Menschenmenge. Etwa 2000 Kölner:innen, zumeist einfache Arbeiter:innen, hatten sich vor dem Rathaus versammelt, um für Arbeit, Rechtsstaat und Demokratie zu demonstrieren. Die Märzrevolution von 1848 ging in die Geschichte ein. Wie in Köln erhoben sich im ganzen Deutschen Bund Bürger:innen gegen die rückwärtsgewandten Herrscherhäuser. Sie erzwangen liberale Regierungen, bekämpften die Pressezensur und befreiten die Bauern von den Frondiensten.
Angesichts der preußischen Militärmacht wussten sich die Demontramt:innen am Abend des 3. März 1848, den Tag nach Weiberfastnacht, nicht anders zu helfen, als in das Rathaus einzudringen und sich in den alten Gemäuern zu verschanzen.
Heute ist das nicht mehr nötig, denn wir werden einfach in das Rathaus gewählt und stellen dort sehr gute Anträge und kluge Anfragen. Womit wir bei der Ratsvorschau für den Monat März wären.
Warum ist in Köln bei allem der Karneval im Spiel? Muss man immer und immer wieder über den Karneval reden? Hat sich das Thema nicht irgendwann totgelaufen? Wir fragen uns das und haben deshalb eine Aktuelle Stunde beantragt, in der wir eine Stunde lang über die Ereignisse rund um den Rosenmontag sprechen wollen. Über das Kwartier Latäng, die Uniwiesen und vieles mehr. Danach werden wir uns mit Elfenbein und Ebenholz beschenken, bevor es zum ersten Mal unangenehm wird. Wir fragen uns, warum die Stadtverwaltung manche Ratsbeschlüsse schnell, andere langsam oder den über die öffentlichen Toiletten gar nicht umsetzt. Unser inneres fünfjähriges Kind kennt die Antwort bereits, aber wir sind trotzdem neugierig. Warum also dauert es mehr als ein halbes Jahr, bis unser Stadtratsbeschluss, dem Cradle to Cradle Bündnis beizutreten, umgesetzt wird, wenn man doch nur Adresse und IBAN in ein Onlineformular eintragen muss, während ein ganzes Feuerwehrauto in Sekundenschnelle den zugewiesenen Standort wechseln kann?
Nach der jüngsten Veröffentlichung des Weltklimarates muss jedem klar sein: Wir haben keine Zeit mehr. Umso ärgerlicher ist es, wenn wir sie auch noch im Stau verbringen. Schuld daran sind immer öfter Klimakleber. Überraschend für die Älteren: Pattex kann man nicht nur schnüffeln, man kann damit auch kleben, zum Beispiel sich selbst auf den Asphalt. So blockiert die Letzte Generation eine Hauptverkehrsader nach der anderen. Unser Mittel dagegen: Nagelbretter, auf der Straße befestigt, und die jungen Taugenichtse überlegen es sich zweimal, ob das der richtige Ort zum Protestieren ist.
Unser nächster Antrag betrifft den Kölner Grüngürtel, der von Konrad Adenauer persönlich gegraben, bepflanzt und beschildert wurde. Der Grüngürtel ist Kulturgut. Dennoch ist er so gefährdet wie ein Elefantenstoßzahn in den Händen eines Reliquienschnitzers. Unser Antrag soll den Grüngürtelfraß stoppen. Finger weg vom Grüngürtel!
Weitere interessante Tagesordnungspunkte in der Kurzübersicht: Die Sanierung des Altstadtufers wird etwas teurer (40%), Karten für die Oper auch (7,5%). Allerdings steigen die Preise in der untersten Kategorie wochentags um 13,6%, in der obersten Kategorie um 6,6%. Für fast jede Stadtbahnlinie wird es einen Antrag geben und die wirklich teuren Sachen werden im nichtöffentlichen Teil behandelt. Der TOP „Windpark Widdersdorf“ wird voraussichtlich auf die kommende Sitzung verschoben. Vieles spricht für eine ruhige Debatte. Auch die Demonstration auf dem Theo-Buraunen-Platz braucht unsere Mandatsträger nicht zu beunruhigen.
Das war 1848 anders. Obwohl sie nicht bedroht wurden, gerieten zwei Ratsherren in Panik und flohen vor dem Pöbel aus einem Fenster des Rathauses. Einer der beiden brach sich dabei die Haxen. Dieser Kölner Fenstersturz schürte bei den Herrschenden die Angst vor einem Umsturz und die revolutionären Umtriebe wurden noch stärker bekämpft. Ob wir auch 2023 eine Märzrevolution sehen werden?
Wird schon gut gehen
Eure FRAKTION
