22 Sep 23 Kölner Digitalstrategie – Die Einsen unter den Nullen finden
Mit ihrer Digitalstrategie setzt sich die Stadt Köln ehrgeizige Ziele. Die Stadtverwaltung soll digitaler und transparenter werden (eGovernment). Der Ausbau der digitalen Infrastruktur soll insbesondere in den Sektoren Bildung, Verkehr, Energie und Vernetzung digitaler Dienste (SmartCity) vorangetrieben werden.
Eine erfolgreiche Umsetzung dieser Ziele hängt im Wesentlichen davon ab, ob die digitale Teilhabe der Kölner Bürgerinnen und Bürger gewährleistet ist, z.B. Barrierefreiheit, digitale Bürgerdienste, Rats-Livestream. Neben Datenschutz und Datensicherheit sind aber auch Datenoffenheit (Open Source) und die Aktualität der Anwendungen (StadtKöln-App) Parameter, an denen sich der (Miss-)Erfolg der Digitalstrategie ablesen lässt.
Die Digitalstrategie der Verwaltung unter der lupe
Digitalisierungsausschuss eingerichtet. Er berät die Kölner Ratspolitik und die Verwaltung in Grundsatzfragen zur digitalen Transformation sowie ihrer strategischen Ausrichtung. Außerdem kann er über Beteiligungen der Kölner Stadtverwaltung an Digitalisierungsprojekten entscheiden, sowie über die Anschaffung von Hard- und Software oder den Einkauf externer Support- und Beratungsdienstleistungen.
Damit hier nichts schief läuft, wurde der In diesem Artikel fasst unser Sachkundiger Einwohner Patrick, mit gespitztem Stylus seine Eindrücke und Erkenntnisse aus der 18. Sitzung in der Wahlperiode 2020/2025 zusammen.
Digitalisierung ist ein Zeitfenster
Heute war ich als Sachkundiger Einwohner bei meiner ersten Digitalausschuss-Sitzung des Stadtrats. Die FRAKTION hatte mich entsandt, um dort die Einsen unter den Nullen zu finden.
Wir tagten außer Haus, bei einem großen Kölner Telekommunikations-Dienstleister in Köln-Ossendorf, der uns eine nette, einstündige Marketing-Präsentation angedeihen ließ. Warum sich alle Ausschussmitglieder anschließend artig bedankten, dabei gewesen sein zu dürfen, erschließt sich mir bis heute nicht.
Egal, denn was der Chef von der Telko sagte, war trotzdem interessant: Er wünschte sich von der Stadt bessere Akzeptanz für Digitalisierung im Allgemeinen und für die Errichtung von Datenzentren im Speziellen. Er sang ein schönes Lied über die sehr erfolgreichen Anstrengungen seines Betriebes bei der Umsetzung der Digitalstrategie in der Verwaltung und bei den Projekten, die schon jetzt in der Stadt laufen. Zitat von ihm: „Digitalisierung ist ein Zeitfenster.“ ?!?
Da störte es nur unwesentlich, dass er die Frage eines Ausschussmitglieds völlig missverstand, warum auf der Anmeldeseite zum „Hotspot Köln“ kein Link oder Logo der Stadt Köln zu finden sei. Bekam er völlig in den falschen Hals, nämlich dass die Stadt ihm seine Startseite strittig machen wolle. Entschuldigung, der Laden gehört ja bloß zu 100% der Stadt und hotspot.koeln ist ein städtisches Projekt. Das drang nur leider nicht bis zu ihm durch. Schade eigentlich.
Security by Obscurity
Die daran anschließende eigentliche Sitzung war – für mich – ein interessantes Lehrstück aus der Verwaltung. Ich selbst komme ja aus der freien Wirtschaft. Es begann mit dem von der Stadtwerke-Chefin Frau Haaks geäußertem Bedauern, dass der Live-Video-Stream der Sitzung auch diesmal leider nicht zur Verfügung stehe. Der Dienstleister habe seit Wochen ein Hackerproblem.
Auf die Nachfrage des Ausschusses, wie das zu verstehen sei und welche Probleme genau vorlägen, entgegnete sie, dass sie sich dazu nicht äußern könne. Es sei doch bekannt, dass man Schwachstellen nicht öffentlich kommuniziere. Aber selbst im nicht-öffentlichen Teil mochte die Dame nichts preisgeben; erneuten Nachfragen hielt sie wacker stand.
Security by obscurity war noch nie eine gute Lösung, möchte man ihr da entgegenhalten. Aber abgefahrene Züge und so fort …
Den Toner nicht wert
Ende des städtischen Faxens sowie die Hebung weiterer Datenschätze für die Bereitstellung im Offene Daten Köln Portal beschlossen.
Ansonsten durfte ich ungläubig feststellen, dass die Tagesordnung leider nicht das Papier / den Toner wert war, auf dem ich sie mir zur Mitnahme gedruckt hatte; wir flitzten nur so durch die Tagesordnungspunkte. Unter anderem wurde das Zu anderen laufenden Projekten aus der Digitalstrategie muss ich zum Glück noch nicht ins Detail gehen, weil da bis heute (Corona-bedingt!) noch kein Gremium zusammentreten konnte. Auch PDFs sind geduldig.
Dem Digitalisierungsdruck standhalten - um jeden Preis
Im nicht-öffentlichen Teil ging es um bald auslaufende Rahmenverträge, um konkrete Software-Wünsche und um fragwürdige Geschäftspraktiken DAX-notierter Anbieter, denen man sich wohl oder übel unterwerfen muss, will man als viertgrößte Stadt Deutschlands dem internationalen Digitalisierungsdruck standhalten. Nur gut, dass der Digitalisierungsausschuss über Anschaffungen bis zu einer Höhe von1,5 Millionen Euro pro Projekt bzw. Dienstleistung entscheiden darf.
Fazit und Aufruf zum Bullshit-Bingo
Es war spannend, sich das Ganze mal aus der Nähe anzugucken, und vor allem, dabei zu lernen, wie man mit einer solchen Verwaltung umgehen muss. Ich kann mir nicht vorstellen, dass andere Städte da sehr anders sind.
Also Bürgerinnern und Bürger, seid aufgerufen: Gehet hin und sehet der Verwaltung auf die Finger, es gibt viel zu lernen! Und wenn es nur Bullshit-Bingo ist: Auch das will erkannt und abgewehrt werden!
Der Digitalisierungsausschuss tagt (fast) monatlich. Ich habe vor, die Berichterstattung aufrecht zu erhalten – wobei ich doch nicht einmal stimmberechtigt bin. 😉
Berichterstatter: Patrick Pielsticker, https://rundfunk.pieli.net
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