Die Tunnelpläne von CDU, SPD und FDP gefährden den ÖPNV in ganz Köln.

Wir bauen einen Tunnel bis nach Istanbul

Gebäckstücke, die auf Veranstaltungen der Tunnelfreunde gereicht wurden.

Gebäckstücke, die auf Veranstaltungen der Tunnelfreunde gereicht wurden.

🔥Aktuell: Wir haben Kommunalaufsichtsbeschwerde bei der Bezirksregierung Köln gegen den Beschluss des Verkehrsausschusses vom 10. Dezember eingelegt. Damit soll die Oberbürgermeisterin angewiesen werden, den Beschluss für die erweiterte Tunnelvariante des irren CDU, SPD und FDP-Bündnisses aufzuheben. Die Bezirksregierung hat uns heute (11.12.2024) Recht gegeben.

Wir haben bemängelt, dass der Antrag so massiv vom ursprünglichen Antrag abweicht, dass er als eigenständiger Antrag zu behandeln ist, nicht als Änderungsantrag. Als eigenständiger Antrag ist er aber nicht fristgerecht eingereicht worden und hätte nicht behandelt werden dürfen. Außerdem hätte im Vorfeld die Bezirksregierung Lindenthal zwingend gehört werden müssen. Fraktionsgeschäftsführer Michael Hock: „Wer so nachlässig gegen die Rechte des Stadtparlaments verstößt, baut besser keinen Tunnel.“

Der irre Plan der alten Männer von CDU, SPD und FDP wirft alle bestehenden Konzepte über den Haufen. Wenn er vom Rat beschlossen wird, wirft er den Ausbau des ÖPNV in Köln um Jahrzehnte zurück. Die Lehre daraus: Alle Begleitgremien und Öffentlichkeitsbeteiligungen sind Makulatur, denn die Entscheidungen werden im Hinterzimmer getroffen. Die Grünen sind auch als stärkste Fraktion nur der Juniorpartner, der nach Belieben vorgeführt wird.
 
Bis vor einer Woche war die Sachlage einfach: Auf der Ost-West-Achse sollten künftig 90-Meter-Züge fahren, um mehr Fahrgäste bei gleichem Takt zu befördern. Dazu müssten die oberirdischen Bahnsteige zwischen Bensberg und Weiden verlängert werden. Die Tunnelbahnsteige sind bereits lang genug. Für den Bereich zwischen Heumarkt und Universitätsstraße gab es zwei konkurrierende Vorschläge: Die Tunnellösung sah eine unterirdische Streckenführung zwischen Heumarkt und Universitätsstraße vor, die oberirdische Variante nur die Verlängerung der Bahnsteige.

💰 Millionen für unsinnige Doppelplanung

Ist das die Zukunft des ÖPNV?

Ist das die Zukunft des ÖPNV? (Bild: unsplash/Claudia Soraya)

Den Auftrag, beide Varianten parallel zu planen, beschloss der Kölner Stadtrat 2018. Schon damals waren sich Tunnelbefürworter und -gegner nicht einig. Als Kompromiss beauftragte man die Verwaltung mit der Vorplanung beider Varianten. Ein teurer Spaß, denn diese Planungstiefe macht fast ein Viertel der gesamten Planungskosten aus. Begleitet wurde das Projekt von Kommunikationsagenturen und Begleitgremien, die aus heutiger Sicht nur die Aufgabe hatten, Kritiker zu beschwichtigen und eine gewisse Einflussnahme vorzutäuschen.

Nachdem die endgültige Entscheidung über die Ost-West-Achse mehrfach verschoben wurde, hat ein Bündnis aus CDU, SPD und FDP nun einen Änderungsantrag eingebracht, der alle bisherigen Planungen auf den Kopf stellt. Nach ihrer Vorstellung wird der Tunnel nicht nur zwischen Heumarkt und Universitätsstraße gebaut, sondern soll im Osten in Deutz beginnen und den Rhein unterqueren, und im Westen bis Melaten weitergeführt werden, inklusive eines Abzweigs auf die Dürener Straße.

Dazu wünscht man sich ein Netz von sogenannten Metrolinien, die bevorrechtigt die Stadt durchqueren und die angrenzenden Regionen anbinden sollen. Um dennoch schnell eine Kapazitätserhöhung auf der Strecke umsetzen zu können, sollen die innerstädtischen Haltestellen provisorisch auf 90 Meter verlängert werden, um die bereits bestellten Langzüge auf die Strecke schicken zu können.

♿Kein Tunnel ist auch eine Lösung

Oft genug fehlt es in Köln an barrierefreien Haltestellen.

Oft genug fehlt es in Köln an barrierefreien Haltestellen. (Bild: unsplash/Vicky Hladynets)

Schaut man sich den Antrag genauer an, bleibt wenig Gutes übrig. Sie sind Ausdruck des alten Kölner Traumas, als Millionenstadt keine richtige U-Bahn, sondern nur unterirdisch fahrende Straßenbahnen, so genannte Unterpflasterbahnen, zu betreiben.
 
Wie gefährlich die Pläne der Hobby-Ingenieure von CDU, SPD und FDP sind, sieht man an den Änderungswünschen für die unterirdische Haltestelle Rudolfplatz. Dort sieht die ursprüngliche Planung einen bergmännischen Vortrieb unter dem bestehenden Tunnel der Ringbahnstrecke vor. Das neue Bündnis will aber auf den Sicherheitsabstand zwischen Bestands- und Neubautunnel verzichten und die neue Strecke in der dritten statt der vierten unterirdischen Ebene höher legen.
 
Für Rollstuhlfahrer ist es bei den häufigen Ausfällen der Aufzüge in den KVB-Haltestellen sehr problematisch, wieder an die Oberfläche zu kommen. Für sie kam vom Tunnelbündnis der tröstende Hinweis, dass es im Tunnel wenigstens trocken sei. Eine oberirdische Haltestelle könne das nicht garantieren.
 
Mit der notwendigen kompletten Neuplanung des Tunnels liegen auch die Bahnsteigverlängerungen an den Außenästen Richtung Bensberg und Weiden auf Eis. Ohne Zuschüsse von Bund und Land sind große ÖPNV-Projekte nicht finanzierbar. Diese sind aber vom verkehrlichen Nutzen abhängig, denn gefördert wird nur, was einen Mehrwert gegenüber dem Bestand hat. Bei den beiden ursprünglichen Varianten war dieser Mehrwert schon sehr gering. Kommt der Tunnelwahnsinn, könnte bereits durch die provisorischen Bahnsteigverlängerungen ein Mehrwert geschaffen worden sein, der den Tunnelausbau nicht förderfähig macht. Verkehrsdezernent Ascan Egerer dazu:
Wir fangen bei der Planungsphase Null an, das heißt im Grunde: ganz von vorne.
Höchst fragwürdig ist die Art und Weise, wie der irre Tunnelantrag in die Gremien eingebracht wurde. Am 3. Dezember berichtete die Kölnische Rundschau als erste über den Plan. Am Freitag, den 6. Dezember, wurde der Antrag als Änderungsantrag in das Ratsinformationssystem eingestellt und damit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Am 10. Dezember wurde der Antrag im Verkehrsausschuss, in dem das verrückte Tunnelbündnis die Mehrheit hat, verabschiedet und kommt am 12. Dezember in den Rat. Das sind sechs Tage, in denen sich die Ratsmitglieder eine Meinung über einen völlig neuen Antragsinhalt bilden sollen. Eigentlich unmöglich, auch für die Mitglieder der Tunnelfraktionen selbst, die dann blind ihren Fraktionschefs folgen.

🚨 Die PARTEI fordert den Reset-Knopf für Kölns Nahverkehr

Die PARTEI hat als einzige Kraft im Rat frühzeitig erkannt, dass der vermeintliche Showdown zwischen unten buddeln und oben kratzen nur eine Schmierenkomödie ist und will mit ihrem Antrag zum Stopp aller Ost-West-Ausbaupläne den Reset-Knopf drücken. Stattdessen wollen wir mehr Verlässlichkeit bei den bestehenden Verbindungen, keine weitere Ausdünnung des Fahrplans und schnellere Reparaturen von Rolltreppen und Aufzügen. Außerdem fordern wir eine Priorisierung der Netzausbaupläne der KVB nach verkehrlichem Nutzen und nicht nach Prestige. Für Meschenich fordern wir die Verlängerung der Stadtbahn in den Süden des Stadtteils.

Im Gestaltungshandbuch Außengastronomie werden die Mindestabstände beschrieben.

Im Gestaltungshandbuch Außengastronomie werden die Mindestabstände beschrieben.

 
 
Darüber hinaus gibt es weitere spannende Tagesordnungspunkte. So geht es im nichtöffentlichen Teil möglicherweise um eine halbe Milliarde Euro, die die Stadt ihrer Tochter Städtische Kliniken schenken will. Interessant: Während die Straßenverkehrsordnung beim Überholen von Fahrrädern einen Mindestabstand von 1,5 Metern vorschreibt, begnügt sich das Gestaltungshandbuch für die Außengastronomie mit 30 Zentimetern Abstand zwischen Gast und Fahrzeug. Das urbane, südländische Flair, das sich die Stadt so sehr wünscht, ist nicht ohne Risiko.